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  • AutorenbildSonja Tanzer

Unterwegs im Jahreskreis – Allerheiligen und Allerseelen

Aktualisiert: 4. Nov. 2022

Jetzt sind wir also am Ende des Hexen-, Kräuter- oder Bauernjahres angelangt. Heuer ist es ein bunt-fröhlicher Abgang: Die Blätter sind grün, gelb und rot, die Temperaturen erinnern an den September und die Sonne strahlt vom Himmel trotz teilweiser Finsternis, als sei es noch August.


Inhaltsverzeichnis



WAS ist Samhain, Hallowe´en - das Totenfest?


Die Anzeichen des Verfalls und des Todes spürt man überall: die Luft riecht erdig, die Blätter haben schwarze Flecken auf ihren bunten Gewändern und am Morgen kriechen die Nebel über die Wiesen und Wälder. Verfaulte Pilze recken ihre zerfressenen Ränder schwarzen Fingern gleich aus dem Erdboden und allerortens sieht man kahle Äste in den Himmel ragen.


Mutter Natur legt feierliche Stille wie eine Decke über das Land. Nur die Krähen und die Raben wagen dieses würdige Schauspiel mit ihrem Gekrächze zu stören. Aber ihnen ist sowieso nichts heilig - sind sie doch selbst die heiligen Tiere der Großen Erdenmutter.


Das keltische Samhain (Sao-wen) ist das Fest der Toten. Nicht so sehr des Todes selbst, sondern das der Ahnen. An diesem Abend wird unserer Vorfahren gedacht und ihre Gräber werden von den Lebenden besucht. Es sollte weniger die Trauer, als vielmehr das Gedenken an sie im Vordergrund stehen: Wie sie gelebt haben, was sie getan und uns mitgegeben haben. Liebevolle Erinnerungen und Dankbarkeit sollten unsere Gedanken erfüllen.


(c) Pixabay Peggy Choucair

Nicht nur Mutter Natur zieht sich zurück und kommt zur Ruhe. Auch wir merken, wie sich unser Geist mehr und mehr nach innen kehrt. Vorbei sind die hellen, fröhlichen Tage mit ausgelassenen Festen. Wir ziehen uns in unsere Häuser zurück und sind froh, dass wir etwas Ruhe finden dürfen.


Viele Tiere haben ihre Wintervorräte schon gesammelt, manche suchen noch - aber nicht mehr lange, dann kehrt auch hier Ruhe ein. Die meisten Waldbewohner bereiten sich auf den Winterschlaf vor oder haben sogar schon damit angefangen. Sie geben sich ganz dem Tag- und Nachtrhythmus hin. Je kürzer die Tage werden, desto mehr ist es Zeichen für sie, dass es Zeit ist, ihr Winterquartier aufzusuchen.


Es wird früh dunkel und später erst wieder hell: Manche von uns mögen das nicht und haben das Gefühl, überhaupt kein Tageslicht mehr zu erleben, weil sie entweder schlafen oder auf der Arbeit sind. Es wird versucht, dies mit einer Zeitverschiebung auszugleichen. Das ist jedoch nicht der Weisheit letzter Schluss - eine Stunde mehr oder weniger kann den sogenannten November-Blues nicht vermeiden.


Wir sollten es den Tieren gleich tun und wieder lernen, mehr auf unseren Körper zu hören. Wenn wir wieder verstärkt den Vorgaben der Natur folgen - mit ihr im Gleichklang leben und die Gegebenheiten akzeptieren, dann wäre vieles um einiges einfacher.



WANN genau feiert man Samhain?


Viele feiern es in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November. Im christlichen Kalender werden Allerheiligen am 1. und Allerseelen am 2. November gefeiert. Neu-heidnische Glaubensrichtungen feiern das Ahnenfest am Dunkelmond - also Neumond - rund um dieses Datum. Den Überlieferungen nach zufolge, sind die sogenannten Achtelfeste (Lichtmess, Walpurgis, Schnitterinnenfest und Samhain) Vollmondfeste. So feiern die meisten am 11. Vollmond des Jahres.


Ich für meinen Teil finde, dass man in sich hineinspüren und das Fest begehen sollte, wann es sich gut anfühlt. Ich denke, man kann da nicht viel falsch machen. Die Energien sind da und die Absicht, die Ahnen zu ehren ebenfalls. Gerade wenn man ganz am Anfang steht und sich ohnehin nicht sicher ist, dann soll man in sich hineinspüren und sich selbst vertrauen.


Die ursprünglichen Vollmondfeste wandelten sich mit der Zeit. Ganz konnten weder die römisch-katholischen noch die evangelische Kirchen das Ahnenfest übertünchen. So haben sie eben den 1. November für alle Heiligen die jemals verstorben sind als Gedenktag festgelegt und für die "normalen" Seelen (die übrigens im erst kürzlich abgeschafften Fegefeuer büßen) durfte man dann am 2. November beten.



WARUM wurde und wird Samhain gefeiert - was steckt dahinter?


Samhain (kelt.) bedeutet eigentlich: das Ende des Sommers. Es markiert das Ende der lichten Zeit und somit den Übergang in die dunkle Jahreszeit, also den Winteranfang. Am letzten Oktobertag endete der Sommer und am ersten Novembertag fing der Winter an.


Nach alteuroopäischer Überlieferung waren in bestimmte Zeiten im Jahr die Schleier zwischen der Welt der Lebenden und der Anderswelt sehr dünn und nach beiden Seiten hin durchlässiger. Samhain war so eine Zwischenzeit, in der die Tore zur Anderswelt offen und die Übergänge fließend waren. Die Hügel öffneten sich, Steine und Felsen hatten plötzlich Gesichter. In dieser Welt jenseits der Schleier wohnten nicht nur die Seelen, sondern die Überirdischen - die Feen, die Helden der Erzählungen in ihren versunkenen Burgen und Glaspalästen. Im Alpenraum wurden die Bewohner dieser Sphären als die saligen Leut bezeichnet.


(C) Nicoletta Gavar

Dass Manches aus der Anderswelt für die Lebenden mitunter sehr gefährlich sein konnte, belegen überlieferte Abwehr- und Schutzzauber. Wobei mit gefährlich nicht unbedingt "böse" gemeint war, sondern oft nur eine gewisse Andersartigkeit. Wesen, die mit der diesseitigen Welt nicht vertraut waren.


Man war nur noch wenig in der Natur unterwegs - alle Früchte, Kräuter, Samen, die bis jetzt nicht gesammelt wurden, dürfen nun nicht mehr geerntet werden: sie sind pukka - also tabu und gehören den Naturgeistern, Pukken oder Holden.


Frau Holle die Schicksalsgöttin


Die Große Göttin durchwandert die letzte Wandlung für diesen Zyklus. Sie wird zur Alten Weisen - oft furchtbar und grausam dargestellt. Mit ihren Totemtieren, den Raben, zieht sie übers Land und sammelt Seelen ein. Manchmal wird sie auch als gütige Mutter dargestellt, die in ihrem Schoß alles Leben behütet, bis es wieder auf die Erde darf.


Aber die Große Mutter ist die Natur - sie ist nicht grausam. Sie richtet weise und nimmt, was genommen werden muss. Das Märchen von der Frau Holle erzählt von der Alten Weisen, die tief unten im Erdreich wohnt und zugleich die Betten schütteln lässt, damit der Schnee auf die Erde fällt. Das ist notwendig, damit im nächsten Jahr wieder alles Fruchtbar wird.


Die fleißigen werden im nächsten Leben belohnt und die faulen dürfen noch einmal lernen. Sie ist die Schicksalsgöttin oder die drei Schicksalsgöttinnen: die eine spinnt den Lebensfaden (Werden), die andere wickelt ihn auf (Sein) und die dritte durchtrennt ihn (Vergehen). Das ist das große Mysterium dieses Festes.



WIE genau feierten unsere Vorfahren Samhain?


Unsere Vorfahren besuchten zu dieser Zeit die Gräber ihrer Ahnen. Damit sie auf dem Nachhauseweg nicht von Geistern, Feen oder dem Teufel geholt werden, führten sie Steckrüben mit sich. In die ausgehöhlten Steckrüben wurden Löcher geschnitzt und mit Kohlen befüllt - zum Schutz vor den Wesen der Anderswelt.


Jack O´Lantern - die Steckrübe und der Kürbis


Viele Geschichten ranken sich um diese Zeit - so auch jene irische Erzählung von Jack O´Lantern, dem geizigen, zänkischen Trunkenbold, der dem Teufel die Ewigkeit für seine Seele abschwatzte. Nun muss er für ewig zu Hallowe´en (All hallows eve - die Nacht vor Allerheiligen) mit seiner mit Kohle befüllten Rübe durch die Nacht wandern.


Diese Geschichte wanderte mit Irischen Auswanderern nach Amerika. Dort gab es wenige Steckrüben, dafür aber viele Kürbisse - der Rest ist Geschichte.


Auch in Österreich, der Schweiz und Deutschland gibt es den Brauch mit geschnitzten Steckrüben von Haus zu Haus zu ziehen und um gute Gaben zu betteln. Der Ursprung dieses Brauches liegt im Dunkeln, jedoch wird auch hier eine Art Schutzzauber vermutet. Süßes oder Saures deutet die Rache der Verstorbenen an, wenn man ihnen die Ehrerbietung verwehrt.



(c) istockphoto halloween-jack-o-lantern-turnip 491169678


Weniger bekannte Bräuche um Allerheiligen


Abgesehen von den heute noch sehr bekannten Bräuchen, gibt es auch einige, die leider etwas in Vergessenheit geraten sind.


So hat man in manchen Gegenden eine Mehlspur vom Grab der Angehörigen bis zur Haustür gezogen, damit die Seelen den Weg in ihr altes Heim finden konnten. Dort wurde am Küchentisch ein extra Gedeck für sie gerichtet, damit sie am Familienessen teilnehmen konnten.


Andernorts hat die Hausmutter das Gedeck für die Nacht bereitet, damit die Verstorbenen ihrem Heimathaus Speis und Trank vorfinden würden. Niemand durfte danach noch in die Stube, wo das Gedeck bereitet war. Neugierige hatten oft böse Folgen zu fürchten.



Auch unter den Hofholunder wurde eine Schale Milch und etwas Brot hin gelegt: war es am Morgen weg, so haben die Ahnen das Haus besucht und gesegnet.


Zu Samhain wurden große Feuer entzündet - in England nannte man sie "bonfire" - sie wurden aus den Knochen der in den Wochen zuvor geschlachteten Tiere errichtet.


In Österreich gibt es noch den Allerheiligenstriezel - ein Überbleibsel der ursprünglichen Seelenwecken als Opfergabe, später dann zur Armenspeisung. Heute noch bekommen die Kinder von ihren Taufpaten diesen Hefeteigzopf geschenkt.


Der November - bestens geeignet für einen Blick in die Zukunft?


Für unsere Ahnen war der November eine Art "Nicht-Zeit". So, wie wir heute etwa die Rauhnächte erleben, war es früher der ganze November. Es wurde orakelt oder man begab sich in einen visionären Rausch - man war der Ansicht, dass man die Zukunft in gewisser Weise mitgestalten konnte. So glaubten die Menschen, dass sie am Entstehen des Zukünftigen selbst beteiligt sein konnten. Es herrschte der Glaube, dass wenn man sich das Zukünftige, das sich noch in der unsichtbaren Geistwelt befand, vorstellte, so konnte man einen gewissen Einfluss nehmen. Beim Manifestieren quasi behilflich sein und so beim Schmieden des eigenen Glückes mitwirken.


(C) Nicoletta Gavar


Wenn du jetzt denkst...


….ja das gab es alles nur früher - Blabla und Hokuspokus! Dann halte gern inne und lasse dich von mir einladen, deine Art zu finden Samhain zu begehen.


Das Fest der Toten eignet sich hervorragend für ein Familienfest. Es muss nicht üppig sein, setze dich zum Beispiel mit deinen Lieben zusammen und sprecht gemeinsam über die Verstorbenen. Erzählt euch Anekdoten und lacht gemeinsam. Wenn du möchtest, lege ein extra Gedeck auf für eure Ahnen. Wenn dir das noch zu gewagt ist, dann warte, bis alle weg sind und lass es über Nacht stehen.


Wenn du einen Holunder hast, dann stelle am Abend etwas Milch und Brot darunter - und denke an die Verstorbenen. Es ist so einfach, ein bisschen Dankbarkeit und liebe Gedanken zu schicken.


Ich finde, der November mit seinen mystischen Nebeln und den teilweise heftigen Stürmen eignet sich hervorragend für einen Blick in die Zukunft und auch für eine ausgedehnte Innenschau.


Wie wäre es, wenn du dich dem jetzt schon einsetzenden Weihnachtstrubel wiedersetzt und einfach zuhause bleibst? Lade jemanden zu dir ein oder setz dich bewusst mit deiner Familie zusammen und erzählt euch alte Geschichten oder auch Märchen, du wirst sehen, wie das deiner Seele gut tut.


Übrigens: Wir sind mitten in der triefenden-Nasen-Zeit! Wenn du es noch nicht gemacht hast, dann hol dir die 12 goldenen Rezepte für die Schnupfenzeit!



(C) pixabay Eliane Meyer



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